Ein Übungstag mit unseren Akitas bei der Rettungshundestaffel Wesel

 

Zuma (3 Jahre) läuft durch den brennenden Feuerreifen,
bei einer Vorführung - Dortmund 1997
© 1999 by H.&M. Schulte

 

Sonntag - 6.30 Uhr - der Wecker klingelt. Knurrend drehe ich mich auf die andere Seite. Mein Mann kommt schon fertig gestyled aus dem Bad.

"Ich lasse schon mal die Hunde laufen. Beeil dich, damit wir nicht zu spät nach Wesel kommen."

Vorsichtig linse ich in Richtung Fenster. Die Sonne scheint und das macht das Aufstehen etwas leichter. Durch das geöffnete Fenster höre ich Hundegebell. Im Gegensatz zu mir sind unsere Vierbeiner keine Morgenmuffel. Fröhlich toben sie über unsere Pferdeweiden und begrüßen per Nasenstüber die Haflinger. Die Rehe, die auf unseren Wiesen ihr Frühstück einnehmen, werden zur Kenntnis genommen, aber nicht gejagt. Von Welpenbeinen an existiert diesbezüglich ein großes Verbotsschild in ihren Köpfen. Als ich endlich mit Sack und Pack aus dem Haus komme, warten die Hunde schon im Auto auf die Abfahrt. Sie kennen unser heutiges Ziel genau, da unsere orangefarbigen Anzüge für sie fest mit dem Übungsplatz in Wesel verbunden sind.

Auf der Autobahn herrscht sonntägliche Stille. Mir fallen fast noch einmal die Augen zu.

"Hast du dir heute ein besonderes Ziel mit einem der Hunde gesetzt?"

fragt mein Mann und meine Augen klappen wieder auf.

"Aki hatte beim letzten Mal Schwierigkeiten mit dem neuen Tiefversteck. Kann aber auch an den ungünstigen Windverhältnissen gelegen haben. Mal sehen, wie er sich heute dabei anstellt. Mit Jini sollten wir vielleicht vermehrt am Verbellversteck arbeiten. Sie hat noch immer Probleme mit der lauten Anzeige. Bei Majo und Zuma ist mir nichts in Erinnerung, was besonders geübt werden müßte."

So nähern wir uns dem Ausbildungsgelände der Rettungshundestaffel Wesel und stellen fest, daß wir nicht die Ersten sind. Ein paar Vierbeiner toben bereits auf der Auslaufwiese herum.

Nachdem unsere Hunde ein wichtiges, dringendes Bedürfnis gestillt haben, gehen wir erst mal ins Vereinsheim, um mit unseren Staffelkollegen eine Tasse "Hallo - Wach - Kaffee" zu trinken. Nachdem unsere Ausbilder den Tagesablauf bekannt gegeben haben, ertönt das früh morgens und nach dem Mittagessen beliebte Kommando: "Vier Mann fürs Versteck." Kann man sich doch als Versteck-Person noch ein Weilchen die Ruhe antun und das Auffinden durch die Hunde der Staffelkameraden abwarten.

 

 Zuma

pies-ratownik: Zuma

Zuma (2 Jahre) - 1997r.
© 2000 by H.&M. Schulte

Zuma (6 Monaten)
1996 - 1999 by H.&M. Schulte
 

Die Personensuche wird geübt

Aus seiner Box befreit, umspringt Aki mich wie ein Ziegenbock. Jeder seiner Bewegungen drückt seine Freude an der geforderten Arbeit aus. Als wir an der Reihe sind, mit der Suche zu beginnen, befreie ich ihn von Leine und Halsband und schicke ihn mit dem Kommando "such und hilf" in die Trümmer. Unter Einsatz seiner Nase durchsucht er systematisch die auf 21.000 qm verteilten Trümmer. Eine ganze Weile muß ich auf erste Reaktionen warten. Plötzlich verharrt er. Die Nase im Wind geht er zielstrebig auf ein ca. 4 Meter hohes Kanalrohr zu. Er vergewissert sich kurz, ob sich dort wirklich ein Mensch aufhält. Wau, Wau!! Mittels seiner Körpersprache zeigt er mir genau, wo sich der Vermißte befindet. Natürlich gibt es eine Belohnung in Form von Leckerchen und Streicheleinheiten. Keine halbe Minute später hat er die zweite Person gefunden. Die dritte befindet sich in dem neuen Tiefversteck. Hier ist ein Kanalrohr ca. 5 Meter in die Erde abgesenkt worden und wird möglichst dicht mit einer Betontafel abgedeckt. Aki hat die menschliche Witterung schon in der Nase und findet und verbellt ohne Schwierigkeiten. 

"Es muß beim letzten Mal an den Witterungsverhältnissen gelegen haben, daß er Probleme hatte, den Geruch richtig einzuordnen"

- rufe ich meinem Mann zu.
Auch die vierte Person ist im sogenannten Mexiko-Haus schnell gefunden. Ich nehme meinen Aki in den Arm und zeige ihm, daß ich sehr mit seiner Arbeit zufrieden bin. Nachdem er seinen Durst gestillt hat, bringe ich ihn zum Ausruhen in seine Box zurück.

 

Majo

Majo (2 Jahre) 1990 bei einer Übung
in der Katastrophenschutz-Schule in Ahrweiler
© 1999 by M.&H. Schulte  

 

Als Nächste ist unsere Majo an der Reihe. In gewohnter souveräner Manier bewältigt sie ihre Aufgabe. Auf sie könnten wir uns in jedem Einsatz hundertprozentig verlassen. Trotz ihrer fast zehn Jahre ist sie nach wie vor geländegängig und macht alle altersbedingten Hemmnisse durch ihre Routine wett. Natürlich setzen wir sie wesentlich gezielter ein, je älter sie wird. Wir wollen ihre Arbeitskraft und ihre Gesundheit möglichst lange erhalten. Aber selbst wenn sie die "Rente" durchhat, wird sie uns, solange sie will, auf den Übungsplatz begleiten.

Mit der ihm eigenen Ruhe löst unser Zuma, geführt durch meinen Mann, die ihm gestellte Aufgabe. Er läuft keinen Schritt zuviel, nie zu schnell und muß nur selten durch seinen Hundeführer korrigiert werden.
 

Jini dagegen saust wie der wilde Blitz durch das Gelände. Wie eine Katze bewältigt sie die Geländeschwierigkeiten. Wenn sie eine Person gefunden hat, wackelt der ganze Hund vor Freude, nur mit dem anhaltenden Gebell tut sie sich noch etwas schwer. Aber mit Unterstützung durch meinen Mann Harry , der ihr immer wieder das Kommando "laut, laut" gibt, läßt sie sich doch animieren, ihre Anzeige vorschriftsmäßig zu absolvieren.

 

 Majo

Majo (1 Jahr) 1989 im Kriechtunnel
© 2000 by M.&H. Schulte 

 

Gerätearbeit

So vergeht der Morgen in ständigem Sucheinsatz und als das Mittagessen serviert wird, haben sich unsere Hunde eine Pause verdient. Da wir in der Zeit zwischen 13 und 15 Uhr mit Rücksicht auf die Nachbarschaft keinen Lärm machen dürfen, ist für diese Zeit die Gerätearbeit angesagt. Majo muß hierbei ihr Können nicht mehr regelmäßig unter Beweis stellen. Aki und Zuma durchlaufen hierbei nur ein Kurzprogramm, weil sich zur Zeit bei ihnen keinerlei Schwierigkeiten darstellen. Also können wir uns auf Jini konzentrieren, die durch ihre Schnelligkeit noch manchen Fehltritt zum Beispiel beim Bewältigen der verschiedenen Leitern tut. Um sie zu konzentrierterer Arbeit zu animieren, arbeiten wir mit häufigen Stops während einer Übung. Wir wollen sie so dazu bringen, über ihre Leistung "nachzudenken". Wenn sie eine Übung besser als das vorhergehende Mal absolviert hat, wird diese am heutigen Tag nicht noch einmal wiederholt. Zu häufige Wiederholungen würden nur ihren Arbeitseifer erlahmen lassen.

Flächensuche

Nach der Kaffeepause gehen wir mit unseren Hunden in unser Freigelände um die Flächensuche zu trainieren. Zwei Helfer verstecken sich im dichtbewachsenen Teil unserer Platzanlage. Einer erklettert einen Baum, da die Hunde auch lernen müssen, Witterung aus der Höhe aufzunehmen, zu verfolgen und anzuzeigen. Unsere vier Akitas durchstöbern mit Feuereifer zusammen mit ihren vierbeinigen Kollegen gemeinsam in der Kette das dichte Unterholz und Gestrüpp. Lauthals verkünden die Hunde, die gefunden haben ihren Erfolg. Majo steht unter dem Baum, auf dem der Helfer sitzt, bellt und versucht gleichzeitig den glatten Stamm zu erklimmen. Das Leckerchen, daß zur Belohnung aus den Zweigen fällt, wird kunstgerecht aufgefangen. Wenn ich mir anschaue, mit welchem Feuereifer unsere Hunde ihre Arbeit tun, frage ich mich warum es so oft heißt, der Akita sei faul, dumm und böse. Unsere vier widerlegen jeden Tag diese Aussagen, die wir auch diesmal wieder in Dortmund auf der VDH Ausstellung gehört habe. 

Zum Abschluß dieses Übungstages macht noch jeder Hundeführer eine Übung mit seinem Vierbeiner, die dieser besonders mag. Zuma erklettert noch einmal über die von ihm so geliebten Leitern den Turm, an dem auch das Abseiltraining von Mensch und Hund stattfindet. Majo darf, mit ihrer Tochter Jini im Schlepptau, meinen Mann suchen, der sich irgendwo in den Trümmern versteckt hat und Aki rutscht mit lautem Getöse und viel Gebell durch die dicken Blechrohre einer Klimaanlage vier Meter abwärts direkt in meine Arme.

Gegen 19.00 Uhr verabschieden wir uns und fahren alle Richtung Heimat. Ein aufregender, arbeits- und lehrreicher Tag liegt hinter uns und unseren Akitas, die sich wieder mal als verläßliche Partner bei der Suche nach vermißten Menschen gezeigt haben.

Marita Schulte

 
Aufstieg auf die 30-Meter-Leiter der Feuerwehr 1997
bei einer Übung bei der Feuerwehr in Soest
© 1999 by M.&H. Schulte  

Vielen Dank für die freundlich Genehmigung der Autorin

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